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Tierschutz e.v.

Kaninchen

Kaninchenhaltung mit Herzen_1 & Verstand

FridolinKaninchen gehören heutzutage – bedauerlicherweise – zur Grundausstattung einer jeden Tierhandlung. Sie werden dort als Streicheltiere angeboten, wobei die traurige Erfahrung zeigt, dass das Wissen um die Bedürfnisse der Kaninchen recht spärlich gesät ist, die Tiere unter falschen Voraussetzungen angeschafft werden und das Zusammenleben von Mensch und Kaninchen für beide Teile oft wenig zufriedenstellend ist.

Kaninchen sind kein Kinderspielzeug. Das Interesse an den Tieren ist bald verschwunden und so bleibt den allermeisten Kaninchen nur ein trauriges und nicht artgerechtes Leben. Auch außerhalb von Tierhandlungen führen Kaninchen und Hasen ein mehr als trauriges Leben. Nicht artgerecht eingesperrt in winzige Käfige, dienen sie hauptsächlich als Fleischlieferanten. Die Politik scheint diese Tierart völlig vergessen zu haben, andernfalls ist es undenkbar, weshalb Millionen von Kaninchen quasi wie in Gefängnissen gehalten werden. Wer sich – wie der Verfasser – genauer mit Hasen und Kaninchen beschäftigt hat, weiß um welch zauberhafte und kommunikative Lebewesen es sich hierbei handelt.

Kaninchen in winzigen Ställen zu halten oder sie wie Kinderspielzeug zu behandeln, zeigt den arroganten und von Egoismus getragenen Umgang des Menschen mit diesen Geschöpfen.

Wer dennoch meint, sich ein oder mehrere Kaninchen als Heimtiere zulegen zu müssen, dem sei dieser Leitfaden eine wichtige Information, um die Lebensweise und Bedürfnisse dieser Tiere kennenzulernen.

Weil gerade Zwergkaninchen ihr Leben lang niedlich aussehen, vergisst man schnell, dass auch sie erwachsen werden und ausgeprägte Bedürfnisse haben. Zwergkaninchen brauchen genügend Bewegung und Auslauf. Sie wollen buddeln, graben, laufen, springen und knabbern.

Sie sollten Kaninchen deshalb unbedingt mindestens zu zweit halten damit sie nicht vereinsamen. Besorgen Sie sich einen möglichst großen und geräumigen Käfig. Übrigens ist es ein Trugschluss zu glauben, Kaninchen und Meerschweinchen können ohne weiteres in ein und demselben Käfig gehalten werden. Es ist so wie wenn man ein Gorilla und einen Menschen zusammensperren würde. Die Unterschiede sind zahlreich und können hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden.

Der Käfig sollte mindestens eine Türe an der Front besitzen und eine große Türe im Käfigdach. Wichtig ist auch die Innenausstattung: Verzichten Sie möglichst auf Zubehör aus Kunststoff. Die Tiere knabbern dieses Material an und können Teile verschlucken. Wählen Sie unbehandeltes Holz- oder Steingut. Trockenes Heu (am besten Bioheu) in einer Raufe und ein Trinkgefäß, gefüllt mit frischem Wasser, müssen immer vorhanden sein.

Nippeltränken sind regelmäßig und gründlich zu säubern. Ich koche diese 1 x pro Woche aus. Andernfalls können sich Bakterien ansammeln.

Sofie

Innerhalb des Käfigs benötigen Kaninchen ein Ruhehäuschen, in welches sie sich zurückziehen können. Das Haus sollte mindestens zwei Durchschlüpfe besitzen und aus unbehandeltem Holz bestehen. Kaninchen die sich wohl fühlen liegen auch gerne auf ihrem Häuschen, weshalb das Dach flach und entsprechend groß sein sollte. Zusätzlich verankere ich ein ausreichend großes Holzbrett im Käfig, welches als weiterer Ruhe- bzw. Aussichtsplatz dient.

Das Kaninchenheim sollte an einem ruhigen, hellen, luftigen Platz stehen, nicht in einer finsteren Ecke und vor allem nicht in direktem Sonnenlicht. Kaninchen sind sehr hitzeempfindlich. Sie haben ein empfindsames Gehör und mögen keine lauten Geräusche wie Geschrei, Musik oder Türknallen.

AmorIn den Ecken meiner Käfige habe ich sog. Ecktoiletten angebracht. In kürzester Zeit haben meine Kaninchen diese Toiletten angenommen und verrichten ihr Geschäft ausschließlich in diesen Toiletten, die täglich gereinigt werden müssen.

Kaninchen benötigen täglich ihren Freilauf oder können Sie sich vorstellen, dass sie ihr ganzes Leben eingesperrt in einer kleinen Zelle verbringen? Die Kaninchen müssen deshalb mehrmals am Tag die Möglichkeit besitzen, entweder im Zimmer oder im Garten frei umherzulaufen. Sie werden sich über die Lebenslust dieser Tiere wundern. Im Garten beobachte ich regelmäßig echte Freudensprünge. Zur artgerechten Haltung gehört ein Freilauf von mindestens zwei Stunden am Tag. Einige meiner Kaninchen sind sogar Wohnungsfreigänger. Das bedeutet, dass sie sich in Teilen meines Hauses den ganzen Tag frei bewegen dürfen. In den Käfig kehren sie nur zurück, wenn sie auf die Toilette müssen oder Futter bzw. Wasser zu sich nehmen wollen. Da Kaninchen mit Leidenschaft Elektrokabel durchknabbern, habe ich sämtliche Kabel mit dünnen Leerrohren ummantelt, die hier Abhilfe schaffen.

Im Winter sollte bei Wohnungskaninchen wegen der starken Temperaturschwankungen auf den Freilauf im Garten verzichtet werden.

Von Frühjahr bis Herbst empfiehlt es sich ein Freigehege im Garten einzurichten (achten Sie auf eine möglichst große Grundfläche, wo die Tiere die Sommerfrische genießen).

Heu sollte 70 % der Nahrung der Tiere ausmachen. Im Handel gibt es Heu, welches mit Blüten und Kräutern vermischt ist. Es sollte dann aber von einer Naturwiese stammen oder das Merkmal Bio tragen. Im Sommer lieben die Tiere Löwenzahn oder Spitzwegerich. Auch Zweige von Hainbuche oder Haselnuss mögen Kaninchen besonders gerne.

Ansonsten füttern Sie nur frisches Gemüse von Möhren, Sellerie oder Fenchel. Kräuter und Heilpflanzen wie Basilikum, Kresse, Dill, Liebstöckel, Petersilie sind ebenfalls sehr empfehlenswert, auch Äpfel in kleinen Portionen.

Nur in geringen Mengen sollten verfüttert werden: Gurken, Tomaten und alle Salate.

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Kohl, insbesondere Blätter von Kohlsorten können lebensbedrohliche Magenprobleme auslösen.

Grün- und Saftfutter sollte stets frisch und sauber gereicht werden. Keinesfalls sollte das Futter nass sein. Füttern Sie die Zwerge regelmäßig am besten morgens und abends und entfernen Sie Futterrestbestände am nächsten Morgen.

Wenn Sie Ihre Tiere regelmäßig so ernähren, können Sie auf die im Tierfutterhandel angegebenen Mischfuttersorten, insbesondere Pellets verzichten. Verzichten Sie auf Knabberstangen, Kekse und unsinnige Drops.

Achten Sie regelmäßig auf die Zähne und Nägel der Hasen. Unter Umständen müssen sie regelmäßig von einem Tierarzt gekürzt werden. Das kostet weniger als man denkt.

Kontrollieren Sie auch regelmäßig den After der Tiere. Insbesondere dann wenn der Kot nicht mehr in trockener Bällchenform ausgestoßen wird und sich Durchfall ankündigt. Dann kann es zu hartnäckigen Verklebungen im Afterbereich kommen, welcher sogar zu lebensbedrohlichem Madenbefall führen kann. Harte Krusten sind vorsichtig mit der Hand zu entfernen, im Übrigen ist die Reinigung mit einem in Babyöl getränkten Wattestäbchen zu empfehlen.

Auch wenn man meint alles schon zu wissen, sollte man sich unbedingt geeignete Literatur zum Thema Kaninchen zulegen. Sehr gutes Lernmaterial habe ich im Verlag GU (www.gu-online.de) gefunden. Dort finden Sie auch ausführliche Hinweise zur Gestaltung von Außengehegen, sei es im Garten oder einfach auf dem Balkon. Kostengünstige Informationen zum Thema Kaninchenhaltung und Wohnimmobilien für Verwöhnte Langohren im Innen- und Außenbereich erhalten Sie auch bei www.kaninchenhilfe.at.

Zum Abschluss nochmals das allerwichtigste:

Kaninchen sind kein Spielzeug. Oft erlischt das Interesse an den Tieren schon wenige Wochen nach dem Kauf. Überlegen Sie sich deshalb gründlich, ob sie wirklich die Zeit und Kraft aufbringen werden, sich die nächsten Jahre intensiv um die Tiere zu kümmern. Hierzu gehört nicht nur eine gesunde Ernährung und Schaffung sauberer Lebensräume, sondern auch die Kommunikation mit dem Tier und insbesondere die Möglichkeit dem Tier ausreichend Freilauf zu gewähren. Wenn dies nicht der Fall ist, verzichten Sie auf die Anschaffung von Haustieren und verhindern Sie dadurch die industrielle Nachzucht von Tieren, die oft über den Zoohandlungen in eine traurige Zukunft entlassen werden.

Übrigens: Sämtliche meiner Kaninchen stammen ausschließlich aus einem Tierheim.

Paul

Reinhard Hauff